Freitag, 4. November 2011

Canon C300 für 20.000 $ - oder RED Scarlet-x für 9.750 $

Zwei brandneue Kameras für den Profimarkt wurden angekündigt, viel diskutiert - und heute Nacht vorgestellt. Canons C300 steht mit HD Auflösung, Framerates von 30 Bildern pro Sekunde und ausschließlich manueller Bedienung (kein Autofokus, keine Autoblende) etwas dürftig da - zumal für den stattlichen Preis von 20.000 US-Dollar für ein Kit mit LCD-Touch Screen und XLR-Audio-Sektion.
RED sticht in jeder Kategorie und ist etwa halb so teuer ... Oh oh, Canon!
RED Scarlet-x / Foto: red.com

Die Scarlet - in den Köpfen seit 2008, in den Läden Ende 2011

Die Spezifikationen der RED Scarlet-x (so heißt die Kamera mittlerweile) sind beachtlich, allein schon bei der wählbaren Auflösung:
  • 5K Auflösung bei Fotos
  • 4K Auflösung bei Videos, 25 fps
  • 3K Auflösung, 48 fps
  • 2K Auflösung, 60 fps
  • 1K Auflösung, 120 fps
Zum Vergleich: HD besitzt "lediglich" 1920x1080 Pixel, bereits 2K ist größer: 2048x1080 Pixel

Weitere Eckpunkte sind: 
  • Super 35mm Chip
  • Datenrate von 440 MBit/s (!)
  • REDCODE RAW
  • HDRx, womit ein Kontrastumfang von bis zu 18 Blendenstufen möglich sein soll
  • wechselbare Optiken
  • Canon Mount oder - mit Aufpreis - PL Mount
Sieht aus wie die EPIC, wiegt so viel, die selben Accessoires passen - nur das Innenleben ist anders. Weniger Datenrate, weniger Frames pro Sekunde. 

Canons Kino Kamera

Die Canon C300 zeichnet mit 50 MBit/s im MPEG-2 Format auf, also wesentlich stärker komprimiert, dafür ist jedoch das Handling deutlich einfacher - ein halbwegs aktueller Rechner kann das Material problemlos bearbeiten, während bei RED erst entwickelt werden muss. Zeitvorteil Canon, Qualitätsvorteil RED.
Die C300 besitzt eine ganze Palette an professionellen Anschlüssen, von HD-SDI mit anliegendem 4:2:2 Signal, XLR-Audio via mitgeliefertem LCD Screen, der auf den Blitzschuh gesteckt werden kann, HDMI, Timecode in/out, Genlock in/out. Sehr gut gefällt mir der interne ND-Filter, so dass man bei viel Licht keine externen Filter benötigt um trotzdem mit offener Blende drehen zu können. Eine Fokussierhilfe ist mit an Bord, nicht aber eine Belichtungshilfe in Form von Histogramm oder Waveform.
Canon EOS C300 Foto: canoncinemaeos.com

Die C300 von Canon geht aber auch auf die Wünsche nach Flexibilität in der Postproduktion ein und bietet Aufnahmen mit Log-Gamma, was ein flaches Bild und dadurch beste Möglichkeiten bei der Farbkorrektur liefert. Nicht zu verwechseln jedoch mit RAW Aufnahmen, denn Basics wie Weißabgleich sind auch bei Log-Gamma zwingend vor dem Dreh einzustellen. Die Farbabtastung ist mit 4:2:2 amtlich.

Objektive für den Body

Interessant ist auch die neue Palette an Objektiven, die Canon auf den Markt wirft, so zum Beispiel das CN-E30-300mm T2.95-3.7 - also ein gewaltiger Brennweitenbereich und dabei äußerst Lichtstark. Die genannte Optik liegt mit ca. 45.000 $ aber in einer sehr speziellen Preisregion ...
Foto: canoncinemaeos.com

Die RED Scarlet wird ab 17.11. in der PL-Mount Version verfügbar sein, ab 1.12. dann auch mit dem günstigeren Canon Mount. Die C300 gibt es ab Januar 2012.

Zuvor angekündigte 2/3'' Chip-Versionen oder die Epic-S sind damit aus dem Programm, ebenso 3K Auflösung für 3K$. 

Das Scarlet Package

Da RED bekanntlich ein modulares System ist, benötigt der geneigte Filmer noch das ein oder andere Accessoire um losdrehen zu können. Ein Bundle mit den grundlegenden Komponenten wird daher direkt angeboten, zu einem Preis von 14.015 $, umgerechnet gut 10.000 Euro. Enthalten sind:
  • Scarlet-x brain (das Kernstück der Kamera)
  • Al Canon Mount (die Fassung für Canon-Objektive aus Aluminium, eine Titanversion wird ebenfalls angeboten; interessant: elektronische Daten zwischen Canon-Optiken und Scarlet werden übertragen, im Gegensatz zu Canons eigener C300)
  • DSMC SSD Side Module (hier kommt die Festplatte rein, auf der aufgezeichnet wird)
  • Redmag 1.8'' 64 GB (das ist die Festplatte - weitere Kapazitäten mit 128 GB & 256 GB sind ebenfalls erhältlich)
  • RED Station 1.8'' (zum Anschließen der SSD-Festplatten an den Computer; vorhandene Schnittstellen sind Firewire 800, E-SATA und USB 2.0
  • DSMC Side Handle (ein Griff)
  • RED Pro 5'' Touch LCD (Monitor mit Touchscreen; ein Viewfinder ist nicht standardmäßig vorhanden und kann auch nicht parallel betrieben werden - entweder LCD oder EVF)
  • REDVOLTS (2 Batterien, Laufzeiten sollen etwas besser als bei der EPIC sein)
  • AC Power Adapter (das Ladegerät)
Fazit

Ein Fazit kann an dieser Stelle nur bezüglich der Spezifikationen getroffen werden, da noch keine Serienmodelle im Umlauf sind. Beide Modelle sind jedenfalls teurer als gedacht, auch die drehfertige Scarlet wird bei vernünftiger Ausstattung nicht viel billiger sein als die C300 (nicht zuletzt, da Canon Listenpreise in der Regel schnell nach unten gehen, RED Preise eher stabil bleiben).
Ansonsten enttäuscht die Canon in Punkto Auflösung und Format, beim anvisierten Kinomarkt hat man sich schon lange an mehr gewöhnt. Auch die Framerates sind mager, Zeitlupenaufnahmen sind nur im 720p Modus verfügbar, und auch hier nur bis 60 Frames pro Sekunde.
Ansonsten hat die Canon viele Features, die bislang an den DSLRs gefehlt hatten. Professionelle Anschlüsse, Rolling Shutter, 4:2:0 Kompression, ND-Filter, Aliasing - sieht aus, als wären diese Punkte erledigt.
Die Scarlet überzeugt durch die hohe Auflösung, das RAW Format und bereits bei 2K mit 60 Frames pro Sekunde. Hier hatten die Fans jedoch mehr erwartet, schließlich waren einmal 120 Frames bei 3K angekündigt ... Davon abgesehen bietet die RED viel Kamera für das Geld und wird sicher ihren Weg gehen. Der ursprünglich anvisierte Massenmarkt ist etwas ins Hintertreffen geraten, der Schwenk zum Profimarkt unterstreicht den Anspruch, eine Premiummarke sein zu wollen.
Persönliches Fazit: Die Scarlet wäre sofort auf der Wunschliste, wenn der Rattenschwanz an Investitionen nicht so lang wäre. Mal eben ein halbstündiges Interview in 4K aufzeichnen? Oder sogar mehrere hintereinander? Da müssen allein die Speicherkosten für das Projekt erst einmal refinanziert werden ...

Hier noch zwei Links zum weiter lesen: